Vaterflucht? Was soll das denn sein? Das gibt es doch gar nicht. Oh doch. In meinem Fall kommt sie in der Regel dann vor, wenn meine Frau zu Hause ist. Denn obwohl ich mir einbilde eine gute Beziehung zu meinen Söhnen zu haben. Ihre Beziehung zu meiner Frau ist besser … Meine Söhne scheinen geradezu einen siebten Sinn dafür zu haben, ob meine Frau zu Hause ist. Es ist, als ob meine Frau auf einem kleinen Magneten sitzt. Früher oder später kann keiner mehr der anziehenden Kraft widerstehen. Die Wanderung geht los. Egal ob robben, krabbeln oder dann irgendwann laufen. Egal an welchem Ort in der Wohnung man sich mit ihnen befindet. Irgendwann geht es los und sie finden … meine Frau. Da hilft keinerlei Kreativität. Ich sitze inmitten von Spielzeug, neben mir die wahnsinnigste Playmobil-Ritterburg, ich habe selbst eine Ritter-Rüstung an und grille über einem offenen Feuer im Wohnzimmer Stockbrot. Dafür muss man als Vater von seinen Kindern doch gefeiert werden, oder? Keine Chance. Zumindest nicht wenn der Magnet da ist. Er zieht die kleinen Körper hoch auf ihre dünnen Beinchen. Und auf ihren dünnen Beinchen geradewegs zur Mama. In einem letzten Aufbäumen erniedrige ich mich so sehr, daß ich in kürzester Zeit alle Krach machenden Spielzeuge (und davon bekommt man im Laufe der Zeit wahnsinnig viele geschenkt) ausprobiere um sie zum Umdrehen zu bewegen. Mehr als ein kurzer Blick zurück bevor es weiter geht ist jedoch in der Regel nicht drin.

Und jetzt? Der Vater flucht. Oh ja, und wie. Man gibt alles, und doch reicht es nicht. Selbst 6 Monate in Elternzeit und volle Aufmerksamkeit für die Söhne haben an dieser Tatsache nichts ändern können. Meine Jungs begehen Vaterflucht, wann immer meine Frau da ist. Als liberaler Vater könnte man ja jetzt sagen: Was soll’s? Sie hat es verdient. Schließlich hat sie die zwei 10 Monate im Bauch getragen und unter Schmerzen zur Welt gebracht. Irgend einen Vorteil muss sie ja haben. Und außerdem nicht zu vergessen: das monatelange Stillen nach der Geburt. Das schafft doch eine unglaubliche Nähe. Was dagegen hilft es Dir nachts mit dem nicht schlafenden Baby durch die Stadt zu spazieren, es im Arm stundenlang durch die Wohnung zu tragen und reihenweise Nächte zum Tag zu machen? Nichts, zumindest nicht so lange Mama da ist.

Aber was soll’s. An dieser Stelle hilft mir der Gedanke, daß man Kinder wie Kinder, und nicht wie Erwachsene behandeln sollte. Schließlich sind sie ja auch Kinder, die in vielen Fällen einfach nur ihren Instinkten und Gefühlen ausgeliefert sind. Und ja richtig. Der Vater ist in den meisten Fällen ein Erwachsener und könnte versuchen sich selbst ebenfalls als Erwachsenen zu behandeln. Und so als Erwachsener und vor allem als der Mensch agieren, der die Mutter seiner Söhne geheiratet hat. So agierend könnte er gegebenenfalls verstehen, warum die Mama so auf die Kinder wirkt. Sich daran erinnern, daß er vom gleichen Magneten angezogen wird. Die Vernunft ausschalten und einfach hinter den Kindern her rennen. Das alles auf die Gefahr hin, daß die Mama genervt ist. Genervt, dass sich ihre Männer nicht einmal fünf Minuten alleine beschäftigen können. Sei’s drum, auch genervte Mama’s sind ja erwachsen.