Wovon handelt eigentlich eine klassische Weihnachtsgeschichte? Da ist zum Einen der Weihnachtsmann, in seinem roten Mantel, mit seinem weißen Bart. In seinem Schlitten sitzend und von Rentieren durch die heilige Nacht gezogen verteilt er die Geschenke. Aber auch jeder kennt das Christkind, dass ebenfalls Geschenke verteilt, dafür jedoch keinen Schlitten benötigt, sondern lediglich auf seine engelsgleichen Flügel angewiesen ist. Wenn man also ehrlich ist, dann glauben wir an den Weihnachtsmann und das Christkind. Oder eben halt auch nicht. Aber zumindest glauben die meisten von uns an die Idee hinter den beiden. In friedlicher Koexistenz kümmern die zwei sich jedes Jahr gemeinsam aufs Neue darum ein Glitzern in die Augen unserer Kinder zu zaubern. Aber wer von beiden bringt denn nun wirklich die Geschenke beziehungsweise bekommen wir sie wirklich von beiden? Wen die Antwort interessiert, der sollte weiter lesen.

Denn in Wirklichkeit ist es so: Das Christkind hat einen Vater, den Christvater. Und es hat eine Mutter, die Christmutter. Gemeinsam lebt Familie Christ in einem Haus mit vielen hohen Räumen, denn sie alle brauchen die Freiheit stets mit ihren Flügeln schlagen zu können. Ebenso lebt der Weihnachtsmann mit der Weihnachtsfrau und seinem Sohn, dem Weihnachtsjungen, zusammen in einem gemütlichen kleinen Häuschen. Direkt neben dem Häuschen ist der Stall mit den Rentieren und hinter dem Stall steht unter dem verlängerten Dach der Schlitten. Der Schlitten ist die meiste Zeit des Jahres abgedeckt. Natürlich, denn er wird ja nur an Weihnachten gebraucht. Die beiden Familien leben direkt nebeneinander und kennen sich gut. Oft unternehmen sie etwas zusammen. Doch sobald es auf Weihnachten zugeht müssen der Weihnachtsmann und das Christkind sich immer mehr um die Vorbereitungen kümmern. Sie haben keine Zeit mehr für gemeinsame Unternehmungen, denn es gibt eine Menge zu tun. Immer wieder sind sie unterwegs um die bereits ausgefüllten Wunschzettel einzusammeln. Und sobald sie diese haben, müssen sie auch schon direkt beginnen die Geschenke zu basteln. Sie hämmern, kleben, malen, sortieren und planen Ihre Routen für Weihnachten. Und selbst die wenige Zeit, die bei den vielen Vorbereitungen dann noch übrig bleibt, verbringen sie meist nicht bei ihren Familien. Denn der Weihnachtsmann muss ja noch die Rentiere füttern und den Schlitten verkehrstauglich halten. Und das Christkind muss seine Flügel pflegen. Denn ohne Flügel und Rentier-Schlitten ist Weihnachten einfach nicht vorstellbar.

Ihre Familien sind sehr stolz auf das Christkind und den Weihnachtsmann. Denn wer kann schon von sich behaupten mit solchen Berühmtheiten verwandt zu sein? Doch so gern der Weihnachtsjunge mit seinem Papa auch zusammen ist. Wenn es dann wieder auf Weihnachten zugeht, sieht er ihn fast gar nicht mehr und er vermisst ihn sehr. Klar findet er es cool, dass sein Vater der Weihnachtsmann ist. Und trotzdem, es gibt viele Momente in denen er sich wünschen würde einen ganz normalen Vater zu haben. Einen der zwar weniger berühmt ist, dafür aber mehr Zeit für ihn hat. Daß er als Sohn vom Weihnachtsmann ausgerechnet Weihnachten nicht mit der ganzen Familie feiern kann (denn sein Papa muss ja arbeiten), daran hat er sich schon gewöhnt. Doch da der Weihnachtsmann jedes Jahr immer noch mehr zu tun hat, startet die Vorbereitung auch jedes Jahr noch etwas früher. So kommt es, dass die zusammen verbrachte Zeit immer weniger wird. Der Weihnachtsmann sagt dann immer zu seinem Sohn: „Du weißt, ich liebe Dich. Aber ich kann die ganzen Menschen nicht enttäuschen“. Und dieser Satz leuchtet ja einfach jedem ein. Denn man kann doch nicht so viele Menschen unglücklich machen, nur um einen einzigen Jungen glücklich zu sehen. So logisch der Gedanke aber auch ist, so traurig fühlt er sich für den kleinen Weihnachtsjungen an.

Ähnlich wie der Weihnachtsjunge fühlt sich der Christvater. Früher, als sein Christkind noch ein Baby war, da haben sie jeden Tag zusammen verbracht. Sie haben gespielt und gelacht, nichts konnte sie trennen. Doch Kinder werden älter. Das Christkind begann früh Verantwortung zu übernehmen und ähnlich wie der Weihnachtsmann Geschenke an die Menschen zu verteilen. Immer mehr Arbeit übernahm das Christkind im Weihnachtsgeschäft, viel zu früh in den Augen des Christvaters. Denn die gemeinsame Zeit war dadurch jedes Jahr noch schneller vorbei und das Christkind war schon wieder damit beschäftigt Geschenke zu basteln, Verteilungs-Routen zu planen und seine Flügel zu pflegen. Der Christvater hatte es seinem Kind nie gesagt, wie sehr es ihm fehlte. Denn schließlich sollte man seine Kinder ja nicht einengen. Trotzdem war er sehr oft traurig, nur noch wenig über sein eigenes Kind zu wissen und es nur manchmal kurz beim Essen zu treffen, bevor es dann auch schon gleich wieder los musste. Er fühlte sich immer mehr so, als ob er in einer anderen Welt leben würde als das Christkind. Und die Welt seines eigenen Kindes gar nicht mehr so richtig verstand.

Eines Nachmittags dann, es war so ungefähr 2 Wochen vor Weihnachten, saßen der Christvater und der Weihnachtsjunge gemeinsam vor dem Kamin. Das Feuer verbreitete eine schöne, wohlige Wärme und beide hingen ihren Gedanken nach. Das taten sie oft zusammen. „Junge“, sprach der Christvater zum Weihnachtsjungen, „freust Du Dich schon? Bald ist Weihnachtsabend.“ „Schon“, antwortete der Weihnachtsjunge, „aber ich bin jedes Jahr auch immer ein bisschen traurig.“ „Warum?“ fragte ihn der Christvater. „Na weil Weihnachten doch ein Familienfest ist.“ entgegnete der Junge. „Und an Weihnachten kommt die ganze Familie zusammen und feiert das Fest der Liebe. Leider feiern wir aber immer ohne meinen Papa, der muss ja arbeiten“.  „Das stimmt“, sagte der Christvater und dachte darüber nach, daß es ihm genau so ging. „Nach Weihnachten kehrt dann endlich Ruhe ein und wir können Zeit als Familie verbringen. Aber jedes Jahr fängt mein Vater noch früher wieder an zu arbeiten.“ Der Christvater schaute den Weihnachtsjungen an und stellte in dem Augenblick fest, daß er mehr Zeit mit ihm als mit seinem eigenen Sohn verbrachte. „Weißt Du, Junge. Du hast absolut Recht. Wir müssen etwas unternehmen, sonst geht das immer so weiter. Und es wird wahrscheinlich immer schlimmer.“

Und so begannen die beiden zu überlegen, wie sie die Situation ändern konnten. „Ich könnte mich um die Rentiere und den Schlitten kümmern, dann müsste das nicht mein Papa auch noch machen“, schlug der Weihnachtsjunge vor. „Gute Idee“, entgegnete der Christvater, „da kann ich wenig für mein Christkind tun. An die Flügel komme ich ja auch nur ran wenn es da ist. Aber ich könnte ihm vorschlagen die Pflege zu übernehmen, dann würde ich zumindest diese Zeit mit ihm zusammen verbringen können.“ „Stimmt,“ sagte der Junge, „wir könnten auch beide helfen die Geschenke zu basteln. Das ist eine Riesen-Arbeit und vier Hände schaffen mehr als zwei. So verbringen wir schon beim Basteln mehr Zeit zusammen und sind wahrscheinlich auch schneller fertig.“ „Das machen wir. Und vielleicht schlage ich noch vor bei der Routenplanung zu unterstützen. Ich kann sehr gut Karten lesen und mir hat es immer Spaß gemacht den schnellsten Weg zu finden.“ Die beiden hatten sich richtig in Rage geredet und merkten gar nicht, wie sie alleine der Gedanke schon glücklich machte, zukünftig vielleicht viel mehr Zeit mit Weihnachtsmann und Christkind verbringen. Vielleicht wollten sie sich aber auch nicht zu früh freuen, denn wer konnte schon wissen wie die zwei auf ihre Vorschläge reagieren würden. Und so ging jeder erst einmal zu sich nach Hause.

Am Abend dann, als sowohl das Christkind als auch der Weihnachtsmann von ihrem harten Arbeitstag nach Hause zurück kehrten, trafen sie auf einen ganz unruhigen Christvater und einen zappeligen Weihnachtsjungen. Christvater und Weihnachtsjunge erzählten von ihren Ideen wie sie es in Zukunft schaffen könnten auch wieder mehr Zeit miteinander zu verbringen. Weihnachtsmann und Christkind hörten gespannt zu. Sie wussten jedoch erstmal nicht so recht etwas mit den Vorschlägen anzufangen. Beide versprachen jedoch sich das ganze einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Dabei traf es sich gut, daß noch am selben Abend Geschenkverteiler-Stammtisch war, und Weihnachtsmann und Christkind daher in der Dorfkneipe sowieso noch einmal zusammen kamen. Beide erzählten sich von ihrem Tag und das Christkind erzählte von den Vorschlägen des Christvaters und der Weihnachtsmann von den Plänen des Weihnachtsjungen. „Weisst du was,“ sagte der Weihnachtsmann zum Christkind, „egal was der Junge mir heute vorgeschlagen hat. Ich glaube ich verbringe wirklich viel zu wenig Zeit mit ihm. Das habe ich in der ganzen Hektik der letzten Jahre gar nicht gemerkt. Immer nur Wunschzettel, Routen planen und Geschenke verteilen. Darüber habe ich ganz vergessen wie wichtig meine Familie für mich ist. Als mir der Junge heute die Vorschläge gemacht hat, fiel mir auf wie groß er schon geworden ist. Bald ist er kein Junge mehr und ich habe es nicht einmal mitgekriegt. Und anstatt mich über die Vorschläge zu freuen habe ich ihm glaube ich auch noch das Gefühl gegeben, daß ich seine Ideen nicht gut finde.“ Traurig schob er einen Seufzer hinterher. „Weihnachtsmann, sei nicht so traurig,“ sprach das Christkind. „Ich bin selbst noch ein Kind und ich kann dir sagen, daß es nicht zu spät ist. Dein Junge wird sich auch jetzt noch darüber freuen wenn Du mehr Zeit mit ihm verbringst und mit ihm über seine Ideen sprichst. Aber weisst Du, mein Vater hat mir ganz ähnliche Vorschläge gemacht und ich fühle mich ähnlich wie Du. Mein Vater ist schon erwachsen und natürlich braucht er mich nicht so sehr wie ein Kind seinen Vater. Aber ich habe ihn aus den Augen verloren vor lauter Arbeit. Als ich heute mit ihm sprach, wirkte er auf einmal so alt auf mich. Ich glaube er braucht mich, hat mich auch schon die letzten Jahre gebraucht, sich jedoch nicht getraut etwas zu sagen.“ Die beiden saßen an diesem Abend noch lange in der Dorfkneipe und machten sich viele Gedanken. Je später der Abend desto klarer wurde ihnen, daß es da nicht nur Menschen gab, von denen sie gebraucht wurden. Nein, sie merkten, daß sie selbst diese Menschen genauso brauchten und Gefahr liefen sie zu verlieren. Also beschlossen auch sie etwas zu ändern und der Abend wurde noch länger.

Am nächsten Morgen standen Christkind und Weihnachtsmann trotz dem vorangegangenen Abend in der Kneipe früher auf als sonst. Sie trafen sich beim Weihnachtsmann in der Küche und bereiteten ein tolles Frühstück für alle vor. Langsam standen auch die anderen auf und Weihnachtsmutter und Weihnachtsjunge kamen mit müden Augen in die Küche und staunten nicht schlecht. „Wow, das sieht aber lecker aus“ freuten sie sich. „Halt“, rief der Weihnachtsmann, „ein paar Gäste fehlen noch.“ Und schon ging die Haustür auf und Christvater und Christmutter kamen herein. Sie hatten einen Zettel in der Küche vorgefunden auf dem stand: „Frühstück heute bei den Weihnachtsmännern“. Und so standen nun alle in der Küche bei den Weihnachtsmännern und wussten nicht so recht, was jetzt passieren sollte. Das Christkind räusperte sich und bat alle doch endlich erst einmal Platz zu nehmen. Schließlich werden ja die Eier kalt. Als alle saßen stand der Weihnachtsmann wieder auf und räusperte sich ebenfalls: „Liebe Familien. Uns, dem Christkind und mir, ist gestern etwas klar geworden. Nämlich, daß wir Euch alle sehr lieben, viel mehr als wir es Euch zeigen. Und dafür wollen wir Euch, lieber Weihnachtsjunge und lieber Christvater, danken. Denn Ihr habt uns das durch Eure Ideen sehr deutlich klar gemacht.“ Weihnachtsjunge und Christvater begannen zu strahlen und auch die Mütter freuten sich sehr über die Worte, die sie in der Art schon lange nicht mehr gehört hatten. „Und deswegen,“ setzte das Christkind fort „haben wir beschlossen Eure Vorschläge einstimmig anzunehmen und ab jetzt das Geschenke basteln gemeinsam zu machen und auch bei Rentier, Schlitten und Flügeln zu versuchen die notwenigen Dinge besser zu organisieren, so daß wir mehr Zeit miteinander verbringen können.“ Ach das war ein großes Juchu das jetzt durch die Küche klang. Alle sprangen auf und liefen zu Weihnachtsmann und Christkind um sie zu umarmen. Der Weihnachtsmann bedeutete jedoch allen, sich noch einmal hinzusetzen: „Wartet noch kurz, das ist nicht alles. Wir saßen gestern sehr lange zusammen und uns ist aufgefallen, daß wir viel mehr tun können, als einfach nur Eure Vorschläge anzunehmen. Es macht doch nun wirklich keinen Sinn daß wir beide “ und er zeigte dabei auf das Christkind „Geschenke in die gleichen Haushalte bringen. Die Kinder lieben das, denn sie kriegen mehr Geschenke. Wir jedoch haben doppelte Arbeit und können deswegen weniger bei unserer Familie sein. Deswegen werden wir ab jetzt unsere Arbeit aufteilen, die eine Hälfte macht das Christkind und die andere Hälfte ich. Neben der halben Arbeit müssen wir uns dann auch viel weniger abstimmen um zu vermeiden, daß wir beide das Gleiche schenken. Die Kinder werden es verstehen. Und das Beste ist, wir kommen am Weihnachtsabend zwar spät nach Hause. Sind aber nicht mehr ganz so müde und schlagen deswegen vor, daß wir unser Weihnachten einfach einen Tag später feiern, alle zusammen als Familie.“ Da gab es kein Halten mehr, alle sprangen auf und fielen sich in die Arme.

Das ganze Dorf hörte die Schreie aus dem Haus der Weihnachtsmänner und rätselte, was denn da wohl passiert sein könnte. An Frühstück war jetzt eigentlich nicht mehr zu denken, keiner hatte mehr Hunger. Trotzdem bestand der Weihnachtsmann darauf, daß alle etwas aßen. „Wir haben viel vor heute, da müssen wir gestärkt sein!“, sagte er. Als alle etwas gegessen hatten, waren sie voller Tatendrang und wollten direkt mit dem Basteln der Geschenke loslegen. Und genau das taten sie auch. Und so kam es, daß von nun an der Christvater und der Weihnachtsjunge immer an den Weihnachtsvorbereitungen beteiligt waren und wirklich nur am Heiligabend (beim Geschenke verteilen) auf den Weihnachtsmann und das Christkind verzichten mussten. Aber sie hatten ja ein Ersatz-Weihnachten, nur einen Tag später, und das bisschen konnten sie gut warten. Vor allem wenn sie daran dachten, wie glücklich alle Menschen über die Geschenke waren. Die zugegebenermaßen dieses Jahr vielleicht weniger waren. Christkind und Weihnachtsmann aber waren selbst am glücklichsten über die Veränderung. Denn wozu hat man denn eine Familie, wenn man keine Zeit mit ihr verbringt? Sie waren sehr stolz auf Christvater und Weihnachtssohn. Und sie wären noch viel stolzer gewesen, wenn ihnen klar gewesen wäre, wieviele Menschen daran zweifelten, daß Job-Sharing tatsächlich funktionieren kann. Und sind wir mal ehrlich, Weihnachten war es früher und ist es heute: ein absolutes Erfolgsmodell. Vielleicht nicht nur weil Weihnachtsmann und Christkind so gut zusammen arbeiten, aber bestimmt auch deswegen.